Von Jens Schleifenbaum
„… und das dem überragenden Eggert das 2:1 für die Berliner gelang, war besonders erfreulich. Der dienstälteste Borusse machte sich drei Tage vor seinem 31.Geburtstag damit selbst ein vorzeitiges Geschenk.“ So stand es im Tagesspiegel vom 06.06.1974, und so empfanden es 18.000 Zuschauer (andere Quellen sprechen von 16.000 bzw. 20.000 Besuchern) im Poststadion nach dem 3:1-Sieg über den FC St. Pauli. Dieser Sieg bedeutete den Aufstieg in die 1. Bundesliga – nach vielen Anläufen des Vereins und von Peter Eggert.
Peter, geboren am 08.06.1943, 1,84 groß und gelernter Schiffsbauer, wechselte 1963 aus Lauenburg an der Elbe, einem Ort in Schleswig-Holstein, nach Berlin und spielte anfangs für die Lila-Weißen in der – nach Einführung der Bundesliga – zweitklassigen Regionalliga Berlin.
Schon als kleiner Junge hatte er mit dem Fußballspiel begonnen. Aber seine berufliche Zielstrebigkeit und reichlich Arbeit im Elternhaus ließen nicht viel Zeit übrig für sein Hobby. Einem Spielerportrait im BorussenEcho vom 06.11.1976 lässt sich auch entnehmen, dass ihn die Abenteuerlust nach bestandener Gesellenprüfung nach Berlin trieb. In der Amateurmannschaft erkannte man seine kompromisslose Härte und seine Kopfballstärke, Trainer „Spinne“ Siegert holte ihn schließlich in die sogenannte Vertragsligamannschaft.
Im Jahr 1965 durfte sich Peter erstmalig in der Aufstiegsrunde versuchen. Gegen Bayern München und dessen torgefährlichen Stürmer Gerd Müller, der noch am Anfang seiner großartigen Karriere stand, den FC Saarbrücken und Alemannia Aachen bestritt er alle sechs Spiele; für TeBe war allerdings nicht viel zu holen. Jens Prüß schrieb jedoch im Buch „Ulrich Homann, Höllenglut an Himmelfahrt, Die Geschichte der Aufstiegsrunden zur Fußballbundesliga 1963-1974“: „Schon dabei und in diesem Spiel [gemeint ist das 0:2 an der Grünwalder Straße in München] einer der besten Borussen: Peter Eggert als rechter Läufer. Niemand außer ihm war neun Jahre später beim großen Triumph noch dabei.“
Mit den später prominenten Mitspielern Damjanoff (Hannover 96) und Gersdorff (Braunschweig, Bayern München) unternahm Peter 1967 den nächsten Versuch, TeBe beendete die Gruppenphase jedoch wieder als Letzter. 1968 erzielte man immerhin 7:9 Punkte, was aber auch nur zum vorletzten Platz reichte. Immer mit an Bord: Unser Schiffsbauer. Auch 1970 sollte es nicht klappen. Mitspieler waren zu dieser Zeit neben Axel Lange, Hans („Hanne“) Weiner (Hertha BSC, Bayern München) und Horst Lunenburg.
Vor Beginn der Saison 73/74 befand sich TeBe in einer gewissen Zwangslage. Man musste aufgrund hoher Investitionen zumindest den Sprung in die neue 2. Bundesliga schaffen. 1972 hatte man sich bereits mit Torwart Birkenmeyer (Freiburger FC), Adler (Hessen Kassel) und Subkleve (Rapide Wedding) immens verstärkt, zu Beginn der Saison hatten die Mäzene noch einmal tief in den Geldbeutel gegriffen. Torjäger Stolzenburg (Hertha Zehlendorf) wechselte zu den Borussen, gleiches taten der „Bayer“ Sprenger (Wacker 04), Schulz (Tasmania 1900), der gebürtige Berliner Siegmann (VFB Stuttgart) und Hoffmann (Spandauer SV).
In die Aufstiegsrunde zur ersten Bundesliga startete man als glatter Außenseiter. Oberhausen wollte zurück ins Oberhaus, Augsburg – mit dem Italien-Rückkehrer Haller – und die Borussia aus Neunkirchen galten als schärfste Konkurrenten. Trainer Gawliczek war jedoch der Meinung, dass in Gruppe 2 jeder jeden schlagen könne.
Peter Eggert, aus einer schweren Verletzung kommend (Kreuzbänderriss und Abriss beider Menisken!), war als Stütze der Abwehr vorgesehen. Im jungen Team spielten ein Lehrer, ein Kaufmann, diverse Versicherungskaufmänner, mehrere Studenten und mit dem Reservetorwart Wittke ein Positiv-Retoucheur sowie mit Stürmer Subklewe ein gelernter Brauer.
Zu Beginn gab es ein müdes 0:0 gegen die Saarländer (Peter spielte verletzungsbedingt nicht), dem ein beachtliches 2:2 in Augsburg folgte (im Übrigen das erste TeBe-Spiel, dem der Autor dieses Textes beiwohnte). Nach dem 3:1 -Sieg über RWO und dem 2:0-Auswärtssieg in Hamburg keimten die ersten Aufstiegshoffnungen auf. Auch in Berlin erzielte man ein 2:2 gegen den Südmeister, aus Neunkirchen kehrte man ebenfalls mit einem Punkt zurück.
Und dann kam endlich Peters ganz große Stunde. Schauplatz war das Poststadion, in dem die Zuschauer (inkl. des damals noch 11jährigen Autors und seines Vaters) einem Sieg gegen den Tabellenletzten entgegenfieberten.
Die erste Halbzeit wurde von den Borussen jedoch verschlafen, was zu Pfiffen zur Halbzeitpause führte. Wollte TeBe etwa gar nicht aufsteigen? Die Führung der St.Paulianer hielt bis zur 71. Minute, ehe dem eingewechselten „Schwidro“ Schwidrowski der Ausgleich gelang.
Dem gerade noch 30jährigen Peter war es dann vorbehalten, neun Minuten vor Schluss per Kopfball das Tor zur Bundesliga weit aufzustoßen. Hansi Sprenger legte noch nach… und dann folgte nach dem Schlusspfiff die große Überraschung: Neunkirchen hatte gegen RWO verloren.
Tennis Borussia war endlich im fünften Anlauf in die Bundesliga aufgestiegen! Lohn harter Arbeit!
Die damalige Mannschaft:
Birkenmeier, Hoffmann, Eggert, Siegmann, Mulack, Ferrin, Schulz, Adler, Thiel, Stolzenburg, Sprenger, eingewechselt: Schwidrowski und Schollbach
Eine junge Mannschaft der „Namenlosen“ hatte es als cleveres, spiel- und kampfstarkes Team geschafft, der erfahrene, robuste „Recke“ Peter Eggert hatte der Mannschaft und der Abwehr Halt gegeben, der andere „Oldie“ Jürgen Rumor hatte sich leider im Spiel in Hamburg schwer am Meniskus verletzt.
Nach dem Heimspiel gegen Augsburg resümierte ein Kritiker: Eggert vollbrachte eine ausgezeichnete Leistung. Erstaunlich, wie gut er sich nach seiner schweren Verletzung erholt hat.
Nun sollte es also u.a. gegen die Münchner Bayern und gegen die Borussen aus Mönchengladbach gehen. Berlin-West freute sich auf Derbies, Hertha BSC hatte zu dieser Zeit ein starkes Team am Start. Peter (mittlerweile 31) bildete mit dem Neuzugang vom AC Mailand, Karl-Heinz Schnellinger (34), die Innenverteidigung der Borussen.
Das Abenteuer konnte beginnen. Wie wir alle wissen: Es endete leider mit Platz 17, was im Hinblick auf die Unerfahrenheit und die finanziellen Möglichkeiten jedoch nicht allzu verwunderlich war. Höhepunkt für Peter war – bei elf Einsätzen – sicherlich sein Kopfballtor gegen den FC Bayern zum 2:2 Ausgleich in der 87. Minute.
In der 2. Bundesliga unter Trainer Johannsen war Peter (Libero) mit Norbert Siegmann (Vorstopper) aus der Innenverteidigung nicht wegzudenken. Man stieg mit 2 Punkten Vorsprung vor dem BVB aus Dortmund erneut auf, Norbert Stolzenburg wurde mit 27 Treffern Torschützenkönig der Nord-Staffel.
Im 13. TeBe-Jahr spielte der mittlerweile 33-Jährige unter Gutendorf noch in der Hinrunde, die Neuzugänge Hochheimer und Torwart Groß rückten nun ins Team. Im November 1976 bestritt Peter sein letztes Bundesligaspiel. In Zeiten, in denen eine Rundum-Physio-Betreuung noch ein Fremdwort war, spricht dies für die gute körperliche Verfassung von Peter Eggert. Obwohl Peter ein sicherlich „unangenehmer“ Gegenspieler war, galt er als harter, aber fairer Spieler. Gelbe Karten? Absolute Mangelware! Trotz spektakulärer Grätschen, die heute aus der Mode gekommen sind.
Und Peter blieb auch nach seiner Zeit als aktiver Spieler der Borussia treu. Hilfsbereit wie er war, engagierte er sich als Trainer, Co-Trainer, Betreuer … und anlässlich eines Freundschaftsspiels in Augsburg mangels Torhütern als „Goalie“ (ich war dabei…).
Peter war mit seiner sympathischen Frau Maren, die ebenfalls aus Lauenburg stammt, ab und an Gast im Mommsenstadion. Man konnte ihn – auch aus größerer Entfernung – sofort erkennen. Er hatte sich einfach gut gehalten.
Zuletzt war er Zuschauer beim Spiel der Lila-Weißen in Zehlendorf, wo er sich nach dem Spiel noch mit alten Mitspielern im Casino an alte Zeiten erinnerte.
Mit Entsetzen haben wir kurz darauf erfahren müssen, dass Peter verstorben ist.
Alle, die Dich gekannt haben, werden Dich nicht vergessen! Unser tiefes Mitgefühl gilt seiner Ehefrau und seinen Angehörigen! Ruhe in Frieden!